Commerzbank Fokusbericht Unternehmensnachfolge im Mittelstand

Von Corona bis zu Nachhaltigkeit: Worauf Übergabepläne heute ausgerichtet sein müssen

Die Zahl der Unternehmen mit älteren Inhabern steigt und steigt. Aktuell sind 44 Prozent der Inhaber 55 Jahre oder älter, 2002 waren es lediglich 20 Prozent. Damit wird die Nachfolgeregelung für immer mehr Betriebe zu einer existenziellen Herausforderung – und das ist nicht die einzige, wie der neue Fokusbericht der Commerzbank „Unternehmensnachfolge im Mittelstand“ zeigt: So verändern unter anderem Nachhaltigkeitsanforderungen und auch die Corona-Pandemie die Rahmenbedingungen für die Weitergabe eines Unternehmens entscheidend.

Zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Übergabe gehörte schon immer, diesen Prozess frühzeitig zu planen und anzugehen. Von den ersten Gedanken bis zur finalen Umsetzung vergingen auch in der Vergangenheit meist mehrere Jahre. Diese Zeitspanne dürfte sich angesichts des gesamtgesellschaftlichen Umfelds eher noch verlängern.

Immer weniger Unternehmen bleiben in der Familie

Einer der Gründe: Die Übergabe des Unternehmens an ein Familienmitglied ist nicht mehr die bevorzugte Option im Mittelstand. 

Bevorzugte Nachfolgeregelungen im Mittelstand in Prozent

Quelle: KfW, Mehrfachnennungen möglich

Zwar bleibt die familieninterne Lösung im Mittelstand sehr wichtig. Doch der Anteil externer Übergaben nimmt deutlich zu, was den Übergabeprozess nicht einfacher macht: Er wird deutlich komplexer, aufwendiger und ist ohne professionelle Begleitung durcherfahrene Berater wie die Hausbank, M&A-Berater oder Rechtsanwälte kaum zu bewältigen. Deshalb gilt heute mehr denn je: Unternehmer sollten die Übergabe frühzeitig planen und angehen, um am Ende nicht unter Zeitdruck handeln zu müssen.

„Die Übergabe des Unternehmens gehört ebenso zum erfolgreichen Lebenswerk eines Unternehmers wie Gründung, Weiterentwicklung, Übernahme oder Kauf – und das kann nicht optimal gelingen, wenn am Ende unter Zeitdruck gehandelt werden muss“, so Christine Rademacher, Divisional Head Financial Engineering der Commerzbank AG.

Nachhaltigkeit wird zum Übernahmekriterium

Ein weiterer Aspekt, der zunehmend wichtiger wird, betrifft die Nachhaltigkeit, also den Umgang mit den natürlichen Ressourcen. Unternehmen reagieren auf den erkennbaren politischen und gesellschaftlichen Wandel, indem sie ihre Produkte, Produktionsprozesse und Wertschöpfungs- bzw. Lieferketten nachhaltiger gestalten.

Obwohl der Begriff der Nachhaltigkeit weit gefasst ist, steht in der Politik die Reduzierung von Treibhausgasemissionen – hierbei vor allem der CO2-Emissionen – im Mittelpunkt. Die vom Gesetzgeber ergriffenen Maßnahmen reichen von Verboten über einzuhaltende Grenzwerte bis zu ökonomischen Hebeln – wie Subventionen oder die CO2-Bepreisung bzw. Einführung eines Emissionshandelssystems.

Negative Auswirkungen

Auf den Prozess der Unternehmensnachfolge bzw. -übergabe wirken diese Maßnahmen auf drei Wegen: Zum einen kann die Nachhaltigkeits- und Klimaschutzpolitik das bestehende Geschäftsmodell des Unternehmens, dessen Existenz und Zukunftsfähigkeit in Frage stellen. Dies könnte für Unternehmen aus der Automobilzulieferindustrie gelten, die vor allem im Bereich der Verbrennermotoren aktiv sind, die perspektivisch von Elektromotoren abgelöst werden.

Zweitens werden Produkte mit einem großen CO2-Fußabdruck in Zukunft auf der Grundlage der aktuellen Technologie nur zu höheren Kosten herzustellen sein. In diesem Fall werden Investitionen in CO2-senkende Technologien erforderlich, um im Markt bestehen zu können oder weil etwa bestimmte Grenzwerte eingehalten werden müssen.

Beide Entwicklungen haben negative Auswirkungen auf die Unternehmensbewertung und damit auf den bei einem Verkauf zu erzielenden Preis.

... oder positive Effekte

Aber auch das Gegenteil ist möglich: Unternehmen, die nachweislich nachhaltige Geschäftsmodelle verfolgen, erobern zusätzliche Marktanteile und gewinnen damit an Wert. Auch darin liegt also eine große Motivation, das eigene Unternehmen so früh wie möglich nachhaltig auszurichten.

Auch Corona hat (Nach)Folgen

Natürlich beeinflusst auch die Corona-Pandemie die Erfolgsaussichten für eine erfolgreiche Nachfolgeregelung. So dürfte es aktuell beispielsweise im Hotel- und Gaststättengewerbe, im Tourismus sowie in Teilen des Einzelhandels schwieriger geworden sein, einen übernahmewilligen Nachfolger zu finden. Viele übergabewillige Unternehmer stellen sich die Frage, ob sie ihr Unternehmen unter den gegebenen Umständen jetzt übergeben sollen. Sollte die durch die Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise länger als erwartet andauern, könnten mittelfristige Nachfolgepläne zu lange verschleppt werden und selbst weit fortgeschrittene Nachfolgeverhandlungen noch scheitern.

Pandemie überstanden, aber Nachfolge gefährdet

Hinzu kommt, dass einige Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie-Folgen unerwartete Konsequenzen für eine Unternehmensübergabe haben können. Wenn ein Unternehmer beispielsweise Einlagen in sein Unternehmen vornehmen muss, handelt es sich erbschaftsteuerlich um junge Finanzmittel. Ihre Bewertung führt unter Umständen dazu, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsvermögensverschonung nach dem Erbschaftsteuergesetz entfallen. Damit würde eine Übertragung der Gesellschaftsanteile für die folgenden zwei Jahre erheblich erschwert oder sogar gänzlich ausgeschlossen.

Auch Kurzarbeit und Entlassungen im Zuge des Lockdowns können sich negativ auf die Unternehmensnachfolge auswirken. Sie beeinflussen die Entwicklung der Lohnsummen mit der Folge einer möglichen Nachversteuerung mit Erbschaft- und Schenkungsteuer.

Kann die Pandemie Übernahmen auch erleichtern?

Ist die Existenz zwar nicht gefährdet, der Unternehmenswert infolge der Wirtschaftskrise jedoch gesunken, dürfte zumindest die familieninterne Unternehmensnachfolge davon profitieren – verringert sich doch die Belastung aus Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer. Durch die Krise erhöht sich außerdem die Chance, auch größere Betriebe erbschaft- oder schenkungsteuerfrei zu übergeben. Dabei spielt möglicherweise auch der Wert des Gewerbeimmobilienvermögens eine Rolle. Gesunkene Immobilienpreise sind wichtig für die steuerlichen Freigrenzen.

Wesentlich bessere Aussichten, im Jahr 2021 einen familieninternen oder externen Nachfolger zu finden, haben Unternehmen, die sich aufgrund ihres Geschäftsmodells, der Branchenzugehörigkeit oder einer starken Eigenkapitalbasis und Liquidität als krisenresilient erwiesen haben – oder sogar von dauerhaften Veränderungen der Nachfrage infolge der Krise profitieren. Deren Unternehmenswert bzw. Attraktivität dürfte infolge der Pandemie sogar ansteigen.

Anspruchsvoller denn je

Dringender, aber auch anspruchsvoller denn je: Die Unternehmensnachfolge gehört ab der Lebensmitte in den Fokus jedes Unternehmers. Rechtzeitig und professionell vorbereitete sowie strukturierte Verkaufsprozesse helfen, mögliche Fallstricke frühzeitig zu identifizieren, die Erfolgsaussichten zu erhöhen und die Ergebnisse für die Verkäufer zu optimieren.

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